Hier ist alles Grau! Es ist ein übles Viertel, in das mich meine Flucht verschlagen hat. Die Slums von Demor sind die letzte Station all derjenigen, die keine Zukunft mehr haben. Ausgestoßene, Flüchtlinge, Aussteiger, sie alle enden irgendwann in diesem dreckigen, verwinkelten Labyrinth aus alten Wohnmodulen und Blechbaracken.
Ich blicke mich gehetzt um. Meine Tentakel zucken nervös, mein Atem geht schnell. Hinter jeder Ecke kann der Jäger lauern. Der kalte Regen durchnässt meine Kombination und lässt mich frösteln. Ich kann nicht mehr weiter, doch ich muss! Weiter, immer weiter! Wenn er mich erwischt, ist es aus. Ich bin Freiwild, von einem kranken System zum Abschuss freigegeben. Als wehrlose Beute ohne Hoffnung und Zukunft. Ich begreife bis heute nicht, wem von der Obrigkeit ich mit meinem Wirken auf die Füße getreten bin. In meinem früheren Leben, noch Gestern um genau zu sein, war ich ein kleiner, unbedeutender Schriftsteller, der von allen ignoriert wurde. Ich verfasste kleine Gedichte und Kurzgeschichten und verdiente meine Lebensunterhalt als Redakteur einer unbedeutenden botanischen Zeitung. Warum wollte man meinen Tod? Die Frage verklingt ungehört in meinem Geist. Ich erwarte ehrlich gesagt auch keine Antwort darauf. Ich hetze weiter, die Todesangst gibt mir Kraft. Noch gebe ich nicht auf, ich will weiter leben! Ein plötzlicher Stoß gegen den Oberkörper reißt mich unvorbereitet von den Beinen. Hart schlage ich auf den steinigen Boden. Ich weiß nicht was für eine Art Waffe mich getroffen hat, aber das ist auch egal. Mühsam kämpft mein Körper die aufkommende Ohnmacht nieder. Panisch versuchen meine Augen den Angreifer auszumachen. Irgendwo, ganz in meiner Nähe lacht jemand. Es ist ein gemeines, boshaftes Lachen und ich weiß, es ist vorbei! Die Jagd ist zu Ende, ich bin am Ende.
"Schau mal einer an. Wenn haben wir denn da?"
Aus einer von dunklen Schatten verborgenen Gasse leuchten mich drei boshaft glühende Augen an. Meine Verzweiflung und Angst weicht plötzlich aufkeimenden Trotz. Trotz gegen das Unausweichliche.
Ich rapple mich mühsam auf und blicke dem Jäger fest in die Augen.
"Ich habe keine Angst vor dir, du Monster. Komm her und hol mich!", die Worte verlassen geflüstert, doch im festen Ton meinen Mund.
Der Jäger lacht schallend.
"Oho, das Schreiberlein hat Mut! Das gefällt mir." Er seufzt gespielt und fügt im herablassenden Tonfall hinzu. "Das ändert aber leider nichts an der Tatsache, dass ich dich so lange umbringen werde bist du tot bist!"
Ein Aufblitzen vor meinen Augen, irres Gelächter eines wahnsinnigen Schlächters, eisige Kälte, umfassende Dunkelheit, dann Nichts mehr.
Mein Name war Alkar Nar Ifit und ich bin gestorben, weil ich meine Gedanken mit anderen teilen wollte. Leicht wie eine Feder gleite ich hinfort in die Arme des ewigen Unsterblichen und ich bereue nichts!
Anmerkung:
Dieses kleine Geschichte über einen der Außenseiter meines Patoria-Universums entstand im Rahmen von JayNightwinds Spiel "
Rhetorische Hausaufgabe".